Carsten Maschmeyer, AWD-Gründer und heutiger Verwaltungsrat von Swiss Life, lässt offenbar seine Anwälte das Gebaren von Journalisten untersuchen, die kritisch über ihn berichtet haben. Insbesondere traf dies auf Mitarbeitende des Norddeutschen Rundfunks NDR zu. In einer Stellungnahme zum Vorgehen liess Maschmeyer dem Tages-Anzeiger zufolge verlauten:
«Mit einer Strafanzeige sei ausdrücklich nicht gedroht, sondern ganz im Gegenteil erklärt worden, dass eine solche nicht erstattet werde, wenn der Gutachter zum Ergebnis komme, dass die NDR-Mitarbeiter sich nicht strafbar gemacht hätten.»*
Na bravo! Von diesem Vorgehen und dieser Argumentation könnten sich Räuber und Erpresser noch eine Scheibe abschneiden.
Was, wenn die Maschmeyer-Masche Schule macht?
Plumpe Drohungen wie «Gib mir dein Geld oder ich bringe dich um!» sind heute nicht mehr zeitgemäss, schliesslich geht es, wie Figura zeigt, auch ganz ohne zu drohen. Zum Beispiel mit einer höflichen Erklärung: «Wenn du mir dein Geld gibst, bringe ich dich nicht um». Oder positiv formuliert: «Gib mir dein Geld und ich lasse dich leben». Oder gar als freundliche Frage: «Möchtest du meine Pistole aus der Nähe sehen, oder willst du mir Geld schenken?»
Da gerät die Anklage dann in Argumentationsnot, wenn Verdächtige guten Gewissens darauf bestehen können, dass sie nie gedroht hätten, sondern lediglich erklärt, erläutert, auf etwas hingewiesen oder bestenfalls zu einer Geldübergabe motiviert. Denken wir noch einen Schritt weiter und treiben diesen Euphemismus auf die Spitze: Man könnte sogar argumentieren, die vermeintlichen Opfer seien über lebensverlängernde Massnahmen beraten worden. So ergibt sich ein neues Stellenprofil: Genügend Sprachkompetenz vorausgesetzt, wird aus dem Verbrecher ein gut honorierter Gesundheitsberater. Wem nun Parallelen zum Stellenprofil oder zur Rhetorik anderer beratender Berufe einfallen, sei es Immobilienagentin, Arzt, Pressesprecherin, Versicherungs- oder Anlageberater, dem sei hiermit deutlich gesagt: So etwas habe ich nie geschrieben! Ich habe höchstens nicht das Gegenteil behauptet.
* Quelle: Tages-Anzeiger vom 27.1.2011, Seite 41 – Autor: David Nauer