HTML5 feiert Geburtstag – Zeit, es richtig zu lernen

Am 28. Oktober 2014 stellte das World Wide Web Consortium (W3C) offiziell den neuen Standard für Webseiten vor: HTML5 in der endgültigen Fassung. Wo es ein Jahr danach noch Parallelen zu Baustellen gibt und was ich in drei Wochen MOOC* gelernt habe, steht in diesem Artikel.

Als Berater für Internetprojekte und Online-Marketing schreibe ich keinen Code, sondern Konzepte für Websites und deren Optimierung, trotzdem – oder gerade deswegen – fand ich es an der Zeit, mich mit HTML5 einmal vertieft auseinanderzusetzen. Als passend für mein Vorhaben erwies sich ein Massive Open Online Course oder MOOC des W3C auf edX, bei dem ich etwas nach der Halbzeit sagen kann: Ich habe viel gelernt.

Pfeile mit Schatten

HTML5 kann zeichnen: Meine Übung aus dem Kurs malt Pfeile mit Schatten als Pixelgrafik.

Ist HTML5 wirkliche erst ein Jahr alt?

Viele Elemente von HTML5 bewähren sich schon deutlich länger in produktiven Webprojekten, obwohl der Standard offiziell nur als Entwurf vorlag. Die Browserhersteller hatten basierend auf den Entwürfen Neuerungen in ihre Produkte integriert, allerdings nicht immer einheitlich.

Demo-Video-Player

Videos steuern mit HTML5: Übung mit externen Knöpfen für Funktionen, die in Browsern fehlen.

HTML5 ist in den Browsern angekommen

Heute darf man sagen, dass die Browserhersteller deutliche Fortschritte bei der Umsetzung von HTML5 erzielt haben. So ist es beispielsweise möglich, Videos im Format mp4 in allen aktuellen Browserversionen abzuspielen, mit Ausnahme von Opera Mini. Bei fortgeschrittenen Funktionen bestehen aber durchaus noch Unterschiede. Beispielsweise bietet Firefox in der integrierten Videosteuerung keine Möglichkeit zum Einblenden und Ausblenden von Untertiteln und stellt auch nicht alle Effektfilter dar, während Chrome beides kann. Wer Lust hat, kann meinem Demo-Video-Player gerne ausprobieren oder im Detail bei caniuse.com nachschlagen, welcher Browser was unterstützt.
Auch sehr erfreulich ist die Geschwindigkeit, mit der HTML5-Grafikeffekte heute laufen, was dem Umstand zu verdanken ist, dass die Browser auf die Hardwarebeschleunigung der Computer zurückgreifen.

HTML5 bleibt eine Baustelle – zum Beispiel fürs Layouten

Obiges Videobeispiel ist in ein Layout vom Typ Flex eingebaut, das mir zeigte, wie weit wir noch von der Wunschvorstellung entfernt sind, Webseiten mit reinem HTML5 erstellen zu können. Damit das nur schon einigermassen funktioniert, sind für die meisten Browser noch so genannte Vendor-Prefixes erforderlich: sozusagen eine eigene Anweisung für jeden einzelnen Browser. Das ist, wie wenn man in der Wohnung für jedes elektrische Gerät einen anderen Steckdosentyp montieren müsste.

Die neuen Strukturelemente wie <main>, <aside>, <article> und <section> funktionieren zwar problemlos, in einigen Fällen ist es aber noch diskutabel, wie sie angewendet werden können, um Verständlichkeit, Maschinenlesbarkeit oder Accessibility zu optimieren.

Workarounds für Löcher und veraltete Installationen

Zwei Typen von Hilfsprogrammen bieten sich an, die Arbeit von Webentwicklern zu erleichtern:

  • Prefixer kennen die individuellen Befehle für jeden Browser und ergänzen diese automatisch.
  • Polyfills ermöglichen, moderne Funktionen auf alten Browsern auszuführen, indem sie diese mit alten Mitteln besmöglich nachbauen.

Wie der Titel schon sagt, handelt es sich dabei um Umgehungslösungen (Workarounds) für bekannte Probleme. Das ist, wie wenn der Lüftungsspezialist in seine Leitung einen Bogen einbauen muss, weil die Heizungsrohre nicht nach Plan installiert wurden: nicht effizient. Es bremst sowohl die Umsetzung des Webdesigns durch Spezialisten als auch den Seitenaufbeu am Bildschirm, weil es Ressourcen frisst: Entwicklerzeit, Testzeit, Bandbreite, Rechenzeit.

Fazit: Happy Birthday, HTML5!

Ich freue mich auf die beiden letzten Wochen im Kurs, in denen ich sicher nochmals viel lernen werde. Ich freue mich über die Fortschritte, welche die Umsetzung von HTML5 macht. Und ich freue mich, dass ich nun Verständnis basierend auf Verstehen aufbringen kann, wenn Entwickler aus Ressourcengründen weiterhin auf das eine oder andere Feature des neuen Standards lieber verzichten.

Vor allem aber: Ich freue mich auf innovative Projekte, bei denen ich mit Kunden und mit Webentwicklern über neue Anwendungsmöglichkeiten von HTML5 fachsimpeln kann. – Wie das bei der Einführung neuer Standards so ist: es geht alles viel zu langsam. Aber insgesamt bin ich nach dem zweiten Blick mit HTML5 doch ganz happy.

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MOOC: Massive Open Online Course
Online-Bildungsangebote, die öffentlich und kostenlos angeboten werden und darum «massiven» Zuspruch aus aller Welt erhalten.

Erscheint das Buch «Online-Marketing» im richtigen Verlag?

Mein berufliches Engagement gilt zu hundert Prozent meiner Aufgabe als Berater in einer Webagentur. Diese ist Teil des Kommunikationsunternehmens Stämpfli AG, das wie der Stämpfli Verlag zur Firmengruppe der Gebrüder Stämpfli gehört. Warum also, wurde ich gefragt, erscheint mein kleines Buch «Online-Marketing» nun nicht im Stämpfli Verlag, was ja naheliegend wäre? Hier habe ich darum festgehalten, wie ich als Autor beim Zürcher Versus Verlag gelandet bin.

TL;DR* – Management Summary

Das Manuskript «Online-Marketing» entstand auf Anfrage von Jean-Paul Thommen als Kapitel für sein Lehrbuch «Marketing – Eine umfassende Einführung». In diesem Klassiker fehlte das Thema Online-Marketing zuvor weitgehend, vom elektronischen Handel einmal abgesehen. Mit Jean-Paul Thommen und seinem Versus Verlag konnte ich vereinbaren, dass für meine Schulungen und Workshops ein Separatdruck des Kapitels zur Verfügung stehen würde. Jetzt lanciert der Verlag aber eine neue Buchreihe «VERSUS focus». Und – Überraschung! – als erster Titel erscheint da mein Kapitel «Online-Marketing» als eigenständiges, kompaktes Buch. So werde ich unerwartet vom Co-Autor zum Autor. Natürlich erscheint das Buch im richtigen Verlag, nämlich im dem, der mir ein entsprechendes Angebot gemacht hat. Der andere Verlag trägt das übrigens mit Fassung.

Studienabbrecher schreibt für Studenten

Als Student der Wirtschaftswissenschaften an der Uni Zürich hatte ich einst selbst ein Buch von Jean-Paul Thommen gelesen: «Betriebswirtschaftslehre». Das war 1990, damals hatte man vom Internet erst gerüchteweise etwas vernommen. Das Studium brach ich zwar nach einem Semester ab und wandte mich den Fächern Germanistik und Medienwissenschaft zu, das Buch von Thommen wollte ich aber nicht mehr hergeben. Ich habe es seither fünf sechs Mal gezügelt.

Nun wollte es der Zufall, dass eben dieser Jean-Paul Thommen Ende 2013 bei Stämpfli in Bern einen Anlass besuchte, bei dem ich gemeinsam mit Peter Stämpfli einen Beitrag zum Thema Social Media präsentierte. Wir kamen ins Gespräch, setzten dieses auf der Heimreise im Zug nach Zürich fort und wurden uns rasch einig. Zu meinem Erstaunen war es für Prof. Dr. Jean-Paul Thommen kein Problem, dass ich im Wirtschaftsstudium nur ein Semester durchgehalten hatte. Im Gegenteil, er konnte meine Gründe für den Abbruch gut verstehen. Wichtiger war für ihn, dass ich schon lange den Wunsch hegte, ein Buch zu schreiben. Spontan sagte ich zu, sein Standardwerk um das Thema Online-Marketing zu ergänzen.

Co-Autor, berufsbegleitend

Es war vorauszusehen, dass die Arbeit am Buch möglicherweise meine Tätigkeit in der Internetagentur beeinflussen könnte, darum informierte ich umgehend meinen Vorgesetzten sowie Peter Stämpfli über die geplante Nebenbeschäftigung, zusätzlich auch die Leitung des Stämpfli Verlags. Alle freuten sich mit mir, und so machte ich mich ans Werk. Mit den Verantwortlichen des Versus Verlags konzipierte ich mein Kapitel und begann zu schreiben. Das war im Februar 2014.

Ein Lehrbuch ist ein lehrreiches Buch, auch für den Verfasser

Zur Schreibarbeit möchte ich hier nicht viel sagen. Man unterschätzt das. Es gibt immer noch etwas zu recherchieren, etwas zu verbessern oder zu aktualisieren. Immer. Den Verlagsleuten bin ich für ihre Hartnäckigkeit dankbar, obwohl mir diese mehr Arbeit bescherte, als ich erwartet hatte. Dank dem mehrfachen Nachhaken, nicht zuletzt von Jean-Paul, ist das Kapitel so verständlich und so strukturiert geworden, dass es sich gut in seinen Lehrbuchklassiker einfügt und gleichzeitig als eigenständiges Büchlein bestehen kann. Nun kann ich zwar nicht mit anderen Verlagen vergleichen, aber ich darf sagen:

Für meine Mission, etwas Klarheit und Ordnung in die dynamische Welt des Online-Marketings zu bringen, war der Versus Verlag der beste Partner, den ich mir wünschen konnte.

Das Verlagsteam wirkte kompetent als Anwalt der Leserinnen und Leser, war aber gleichzeitig offen für alle meine Vorschläge und Argumente.

Ein eigenständiges Büchlein

Ende März 2015 informierte mich der Versus Verlag über neue Pläne mit meinem Kapitel wie folgt: «Es wird ein richtiges eigenständiges Büchlein werden, nicht wie ein Sonderdruck aus einer Zeitschrift.» Sollte der Verlag nun mit dem Büchlein etwas verdienen, erhalte ich davon einen kleinen Anteil. Was angesichts der unzähligen Abende und Wochenenden, die ich ins Manuskript investiert habe, wohl ein symbolischer Betrag werden dürfte. Aber immerhin. Letztlich habe ich das Projekt ja nicht des Geldes wegen angepackt, sondern weil für ein Standard-Lehrmittel für Marketing, und damit für angehende Manager, das Thema Online-Marketing beschrieben werden musste. Um diese Aufgabe zu erfüllen, hatte ich keine Wahl. Nur der Versus Verlag hat den «Thommen», zu dem mein Kapitel auch gehört.

Eineinhalb Jahre bis zum ersten gedruckten Buch

Von der ersten Konzeptbesprechung beim Verlag bis zum Erscheinen des Buches «Marketing» von Jean-Paul Thommen vergingen rund 18 Monate. Dass meine Aufgabe unterwegs noch angepasst und erweitert wurde und ein zweites, kompaktes Lehrbuch zum Thema Online-Marketing entstand, freut mich umso mehr. Es bestätigt, dass sich die Arbeit gelohnt hat, und dass der Versus Verlag genau der richtige Partner war für meinen latenten Wunsch, einen handlichen Überblick zum Thema zu schaffen. «Online-Marketing – Die Grundlagen im Griff» sollte noch im Oktober 2015 physisch verfügbar und im Buchhandel erhältlich sein.

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tl;dr
too long; didn’t read – der Internet-Slang-Ausdruck, ursprünglich abwertend für überlange Kommentare in Foren, ist mittlerweile auch als Titel für die Zusammenfassung längerer Artikel gebräuchlich.