Online-Werbung: SEA und Video werden auch 2016 stark wachsen

Von geschätzt rund 850 Millionen Werbefranken, die 2014 in den Schweizer Online-Markt flossen, macht die Suchmaschinenwerbung (SEA) über einen Drittel aus. Das stärkste Wachstum konnte die Bewegtbild-Werbung verzeichnen, ihr Marktanteil wuchs 2014 von 4 auf rund 6 Prozent. Bevor die Werte für 2015 erscheinen, hier ein kurzer Rück- und Ausblick.

Die ältesten Zahlen in meinem Buch Online-Marketing betreffen die Umsatzentwicklung nach Werbeformaten. Die Quelle dafür sind Expertenschätzungen und Hochrechnungen, die regelmässig von Media Focus veröffentlicht werden. Nachdem die Zahlen im Buch das Jahr 2013 beleuchten und bevor im März die Zahlen für 2015 erhältlich sein werden, habe ich die Entwicklung über zwei Jahre etwas analysiert. Zwei klare Gewinner sind zu erkennen: Suchmaschinenanzeigen (SEA) und Videowerbung, die zur Displaywerbung zählt. Beide Sparten legten 2013 und 2014 jeweils stark zu.

Online-Werbeformate Schweiz, Vergleich 2013/2014

Online-Verzeichnisse sind seit 2012 ausgewiesen und stagnierten im ersten Jahr, sie hatten somit einen Rückstand aufzuholen. Der kleinste Bereich, Affiliate-Marketing, wuchs deutlich weniger als auch schon und lag nahe am Gesamtmarkt-Wachstum von 14 %. Die Grafik für 2013 ist am Ende dieses Beitrags zu finden. Quelle für beide: Media Focus Semester Report Online 2014 (PDF)

Warum wird Werbung in Suchmaschinen 2016 noch wichtiger?

Das Segment SEA (Search Engine Advertising) hat in der Schweiz von 2011 bis 2014 ein rasantes Wachstum verzeichnet: um 27 %, dann 33 %, 19 % und 2014 immer noch um 17 % – im Jahr 2014 allein von 250 auf 292 Millionen Schweizer Franken. Hier sechs gewichtige Argumente, warum es mit der Suchmaschinenwerbung (das ist in der Schweiz vor allem Google-Werbung) weiter aufwärts gehen wird:

  • Die Anzahl verfügbarer Kommunikationskanäle nimmt weiter zu, die Wirksamkeit einzelner Kanäle nimmt aber ab und/oder ist schwieriger messbar als bei SEA.
  • Die Kommunikationsflut nimmt weiter zu, wer nicht auf allen Kanälen ständig präsent sein kann, muss dann gesehen werden, wenn es in die entscheidende Phase der Customer Journey geht.
  • Vor einem Kaufentscheid recherchieren immer mehr Leute online.
  • Google nutzt seine Marktmacht und räumt Werbung immer mehr Platz ein, zulasten nicht bezahlter Suchergebnisse.
  • Immer mehr Unternehmen und Organisationen erkennen das Potenzial von SEA und sind bereit, zu investieren.
  • Zunehmende Komplexität und wachsende Budgets erfordern professionelle Beratung und Betreuung von SEA-Kampagnen. Das bringt auch mehr Erfolg.

Fazit: Wer im Wettbewerb nicht zurückfallen will, ist praktisch gezwungen, in die Präsenz bei Suchmaschinen zu investieren. Da es sich bei den Zahlen von Media Focus um Media-Kosten handelt, sind dort die Agenturkosten nicht einmal berücksichtigt. Die Ausgaben der Unternehmen in Online-Werbung sind darum nochmals um einiges höher, als es die Grafiken hier zeigen.

Warum Unternehmen immer mehr in Videowerbung investieren

Bewegtbildwerbung ist noch relativ jung, wird von Media Focus seit 2012 separat erfasst, und verzeichnet ein rasantes Wachstum um 56 % im Jahr 2013 und nochmals 62 % im Folgejahr. Mittlerweile liegt das Jahresvolumen der Video-Anzeigen bei über 50 Mio. Franken. Gründe für den Erfolg:

  • Für die klassische Bannerwerbung, werden die Zeiten härter. Beliebt war sie nie, darum breiten sich auch Werbeblocker immer mehr aus.
  • Das Bedürfnis, die Privatsphäre zu schützen, Tracking und «Spionage» zu verhindern, nimmt zu, die Wirkung der klassischen Displaywerbung nimmt damit ab.
  • Video ist heute – abgesehen von Games – die emotionalste und unterhaltendste Werbeform.
  • Video funktioniert fast ohne Text und auch in Fremdsprachen.
  • Gute Ideen und relevante Inhalte wirken auch ohne professionelles Team und teure Infrastruktur, die Herstellung von Videos wird immer einfacher.
  • Video-Plattformen wie YouTube, aber auch Online-TV, werden immer beliebter.

Fazit: Bewegtbild wird sich dank zunehmender Akzeptanz und sinkender Produktionskosten weiter ausbreiten und von immer mehr Werbetreibenden eingesetzt werden. Für bezahlte Werbung, aber auch für Support, Ausbildung und Public Relations.

Neue Zahlen für 2015

Für 2015 hatten die Media-Focus-Experten ein Wachstum von 20 % für die Suchmaschinenwerbung prognostiziert, beim Bewegtbild tippten sie auf plus 15 %, während der gesamte Online-Werbemarkt um weitere 10 % wachsen sollte. Im Semesterbericht von Mitte 2015 (PDF) wurden die Werte angehoben auf plus 24 bzw. 17 %, für den Gesamtmarkt auf 11 %. Ob die Experten ihre Erwartungen bestätigt sehen, wird der nächste Online-Report zeigen, der Anfang März 2016 zu erwarten ist. Interessant wäre noch, ob es die Social-Media-Werbung demnächst als eigenständige Disziplin in die Media-Focus-Reports schafft.

Der Vollständigkeit halber nun noch die Grafik mit den älteren Zahlen aus dem Buch, die meine Leser auch selbst hätten erstellen können – in der Grundaussage stimmt sie mit den neueren Zahlen oben überein. Auch 2016 wird uns diesbezüglich keine grossen Überraschungen bringen, sondern die Trends bestätigen.
Allen, die bis hier gelesen haben, viel Erfolg im noch jungen Jahr!

Online-Werbeformate Schweiz, Vergleich 2012/2013

Das Gesamtbild für die Jahre 2012/2013 unterscheidet sich nicht wesentlich vom Vergleich der nachfolgenden Periode weiter oben, wenn man davon absieht,, dass Affiliate-Werbung 2013 noch überdurchschnittlich gewachsen ist.

Social-Media-Trends 2011 konkret und kurz

In einem sehr interessanten Artikel hat der deutsche Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. zehn Thesen zur nahen Zukunft von Social Media kurz und konkret zusammengestellt. Hier eine Zusammenfassung, ergänzt mit eigenen Bemerkungen und Fragen.

«Social Media wird in Unternehmensorganisationen integriert»

Social Media hält in Unternehmen Einzug, ob sie es wollen oder nicht. Ob jene, die es wollen, es auch gut organisieren?

«Employer Branding 2.0»

Das Image als Arbeitgeber wird mitgeprägt durch die mitteilsamsten Angestellten, dazu Ex-Angestellte, Geschäftspartner, Nachbarn, … Nur in wenigen Fällen hat deswegen die Stellenanzeige ausgedient. Und ob sich wirklich Geld sparen lässt, wenn man darauf verzichtet?

«Die Produktentwicklung wird sozialisiert»

Anwender-Rückmeldungen sind wichtig für die Verbesserung von Produkten. Und viel Feedback ist besser als wenig. Aber ist viel und schnell wirklich besser als wenig und profund?

«CRM wird nicht mehr sein, was es war»

Menschen ernst nehmen und mit ihnen auf Augenhöhe kommunizieren, war schon bisher wichtig. Nun kommt noch das Monitoring dazu. CRM-Systeme könnten helfen – aber wann und wie?

«Unternehmen aus der zweiten Reihe springen auf»

Social-Media-Budgets in kleinen und mittelgrossen Unternehmen – gibt es das? Ist es nicht eher so, dass Mitarbeitende Zeit abzweigen, ohne zu fragen? Oder in der Freizeit weiter für das Unternehmen und sich selbst Social Branding betreiben?

«Social Media ist mehr als Facebook»

Neue Online-Spielwiesen und Apps entstehen laufend. Doch was wird Bestand haben? Wo lohnen sich Investitionen? Neben Blogs wette ich auf individualisierte Newsströme wie Flipboard für iPad und paper.li für das Web, wobei die attraktive Aufbereitung durch den Aggregator immer wichtiger wird.

«„Social Intelligence“ wird zum Erfolgsfaktor»

Monitoring optimieren und neu gewonnenes Wissen sinnvoll nutzen sind echte Herausforderungen für Unternehmen. Das versucht wohl auch der BVDW auszudrücken, wenn er von der «adaptiven Aussteuerung der Kommunikation» schwadroniert. Oder bin ich der einzige, der das nicht versteht?

«Die ROI Diskussion geht weiter»

Welche Resultate erzielen wir via Social Media? Und wie sind sie zu bewerten? Noch eine Kommunikationsdisziplin, die Rätsel aufgibt und Anlass zu Diskussionen. Mit Statistik lässt sich ja bekanntlich alles beweisen.

«Neue Berufsbilder entstehen»

Sind Social Media Worker die neuen Sozialarbeiter? Wird der Community Manager zum hoch dotierten Spezialisten mit exorbitantem Bonus? – Neue Fähigkeiten sind nicht unbedingt gefragt, aber alte neu einzusetzen: Sprachkompetenz, einschliesslich die Kunst, sich kurz zu fassen; Empathie, Zeitmanagement, permanentes Lernen und Offenheit für Neues. Und Fleiss, denn Stellenbeschriebe und Reglemente sind zu revidieren en masse.

«Das Ende der Kampagne, wie wir sie kannten»

Mediamarkt-Zeitungsbeilagen und TV-Werbung beweisen, dass die penetrante Kampagne nach wie vor ihre Berechtigung hat. Es gibt immer noch Leute, die eine Botschaft glauben, wenn man sie nur oft genug wiederholt. Auch wenn es kein Followee* ist, der sie von sich gibt.

* Ein Followee ist eine Person, der du auf Twitter folgst, weil du ihre Mitteilungen interessant  findest. Du kannst @PaperlApp auf Twitter folgen, dann ist @PaperlApp dein Followee.

Und hier noch der ursprüngliche Tweet im Wortlaut:
Social-Media-Trends konkret und kurz: RT @INM BVDW: 10 Thesen zur Zukunft von Social Media in 2011 http://fb.me/vleSvxcy (via @bondybeach)

Übrigens: Es heisst «der App…

… bzw. «l’App». Installiert auf einem schwarzen Schneidbrett mit elegant gerundeten Kanten präsentiert sich gluschtig ein Stück, das kürzlich vom Grill heruntergeladen wurde. Die Anzeige ist ein Fundstück aus der Rubrik «Online» in 20 Minuten, entdeckt am 26.1.2011:

Anzeige «Bon App.» für Schweizer Fleisch

Anzeige «Bon App.» für Schweizer Fleisch

Es stellt sich die Frage, ob den Titel «Bon App.» auch alle – insbesondere jüngere – Leute verstehen, denn persönlich empfinde ich den französischen Ausdruck Bon App, die Kurzform von Bon appétit, nicht gerade als modern.

Appetit auf Statistik?

Wie gebräuchlich Begriffe in der Literatur sind oder waren, lässt sich seit kurzer Zeit mit dem Ngram Viewer von Google prüfen. Die Popularitätskurven für «Bon App» und «bon appétit» erweisen sich als identisch und verlaufen konstant flach in der Höhe von 0,00000000% des Untersuchungskorpus mit der Spracheinstellung «German». Man beachte die Präzision der Angabe mit 8 Stellen hinter dem Komma, wenn ich richtig gezählt habe. Die Vergleichskurve für «Guten Appetit» ist hingegen aufschlussreich, die kulinarische Literatur (oder ist es der Anstand?) scheint in den letzten gut 30 Jahren einen regelrechten Boom zu erleben.

Vergleich der Verwendung von Bon Appetit bzw. Guten Appetit

Bon Appetit: in der Literatur nicht statistisch relevant.

Im Französischen dagegen ist ein Niedergang des Ausdrucks «bon appétit» zu beobachten, der innert knapp 200 Jahren rund 50% einbüsst und bei 0,00002 Prozent landet. Andererseits ist das immer noch mehr als doppelt so viel wie der deutsche Wert nach dem Aufschwung. Und was sagt uns das? Ehrlich gesagt, ich habe keine Ahnung. Was aber sicher gilt: Fressen kommt vor der Moral. En Guete!

Hier noch der ursprüngliche Tweet:
Übrigens: Es heisst «der App» bzw. «l’App» – ob das auch alle Leute verstehen? http://is.gd/DM4xEi http://twitpic.com/3ttsss