Twitter-Zitate in den Medien

Schweizer Medien veröffentlichen täglich, wöchentlich oder zu aktuellen Themen Zitate aus Social-Media-Quellen: So der Blick am Abend, Blick.ch, der Tages-Anzeiger oder auch der Blogger Leumund in seinem Newsletter linkRiss. Wie dabei mit den Zitierten umgegangen wird, ist unterschiedlich und meines Erachtens nicht immer genügend.

Der Blick-Artikel zitiert einen Tweet von Thomas Elmiger

Der Blick-Artikel zitiert einen Tweet von Thomas Elmiger – ohne den Twitternamen @telmiger zu erwähnen.

Tweets werden veröffentlicht, um Aufmerksamkeit zu erhalten, es ist darum sicher legitim, sie auch in anderen Medien wiederzugeben. Neben der publizierten Botschaft möchten die Autorinnen und Autoren in der Regel auch ihr eigenes Ansehen fördern, was im Rahmen der gängigen Twitter-Software durch Verlinkung auch stets gewährleistet ist – ausserhalb aber nicht. Medien sollten dem Rechnung tragen: Auf Papier durch angemessene Erwähnung der Quelle, online durch Verlinkung.

Klarnamen als Quellenangabe

Kürzlich war ich sehr überrascht, denn mein Name tauchte in der News-Rubrik bei Google auf – als Auszug aus einem Blick-Artikel. Offenbar hat Blick.ch einen Tweet von mir zitiert, unter Namensnennung. Mein Twittername ist im Artikel nicht erwähnt und auch nicht verlinkt. Ob der Artikel so auf Papier erschienen ist, weiss ich leider nicht. Dort wäre das Verlinken nicht möglich, online sollte es aber kein Problem darstellen.

Google-News-Sucheresultate mit Blick-Zitaten.

Google-News-Sucheresultate mit Blick-Zitaten.

Bei Prominenten, die jedermann einordnen kann, finde ich Zitieren mit Vor- und Nachname zur Not ausreichend. Bei allen anderen ist es ungenügend. Denn es ist nicht zu eruieren, ob da der Landwirt Thomas Elmiger zitiert wird, oder der Anwalt Thomas Elmiger, oder der IT-Berater Thomas Elmiger. Der Twittername dagegen, ermöglicht die Identifizierung und müsste darum zumindest in einer Fussnote vorhanden sein. Gerne auch bei Promis.

Twittername als Quellenangabe

Keine Papierausgabe hat Blogger und Newsletter-Autor Christian Leu, der in seinem linkRiss jeweils einen Tweet der Woche zitiert. Als Quellenangabe gibt es bei ihm den Twitternamen, der als Link zur Twitterseite der Autorin oder des Autors führt, via eine Umleitung zur Erfolgkontrolle. Wunderbar.

Tweet der Woche aus dem Newsletter linkRiss

Der Twittername im linkRiss: verlinkt mit dem Twitter-Konto.

In anderen Fällen zitierte auch der Blick unter Angabe des Twitternamens. Wenn nämlich der Twitterer gar keinen echt aussehenden Namen in seinem Profil publiziert, sondern den Twitternamen als Pseudonym verwendet, dann gibt es keine Alternative ohne längere Recherche.

Vorbildliche Lösung für Kommentare bei WordPress

Gut gelöst ist die Quellenangabe bei der neuen Kommentarfunktion des WordPress-Plugins Jetpack. Es ist seit Kurzem auch in diesem Blog im Einsatz. Wer sich über sein Twitter-Konto anmeldet, profitiert von der Maximalvariante für Quellenangaben mit Klar- und Twittername und Link. Darum: Am besten gleich ausprobieren! Deine Meinung  ist willkommen – auch wenn du dich via Facebook identifizierst oder gar nicht!

Danke!

Neben dem Blick hat Christian Leu (@leumund) mir gute Anregungen zu diesem Artikel geliefert: In seinem Blog hat er das Zitierverhalten des Tagi aufs Korn genommen: Echtnamen als Quellenangabe für Tweets der Woche erachtet auch er als ungenügend. Dass dies nicht generell so ist, hat er mir auf Google+ erläutert. Der Blick hat bisher keine Reaktion gezeigt.

Wer sozial ist

Da war dieses Gedicht von Wilhelm Busch. Am 23. Mai 2012 in unserer Zeitung. Unter dem Titel «Wer einsam ist». Und es hat mich zu einem Gegengedicht inspiriert; zu einer verspäteten Antwort, sozusagen. Denn Obwol der Herr Busch von 1832 bis 1908 gelebt und von Social Media garantiert nie etwas gehört hat, sehe ich da einen Bezug. Hier nun erst mein neues Werk, darunter dann die Vorlage.

Wer sozial ist

Der soziale Mensch hat’s gut,
weil mancher ihm was Gutes tut,
ihn stützt in seinen Interessen,
sei’s Technik, Kunst vielleicht auch Essen.
Und manche geben weise Lehren,
die gut gemeint und nett zu hören.
Der Welt verbunden geht er still –
in Filzpantoffeln, wenn er will –
zuhaus’ und im Kontor gesetzt,
ist er den ganzen Tag vernetzt.
Auch unterwegs kann er verhandeln,
bequem mit Frau und Mann anbandeln.
Den Job und’s Leben trennt er nicht,
der Mensch ist ganz – und ganz bei sich.
Gefolgt von treuen Zeitgenossen,
gibt man sich Tipps zum Hosenflicken,
zu Songs oder zu Taucherflossen,
trifft Leute, die ganz ähnlich ticken,
hilft anderen, die Zeit zu töten,
berät und stützt sie, falls in Nöten.
Und wer nicht mit dem Knigge bricht,
den ignorieren Freunde nicht.
Wer offline ist, der könnte fragen:
Was, lebt er noch? Doch nicht verzagen,
man kann es via Handy klagen.
Zusammenfassend darf man sagen:
Man kann das Glück auch anders malen,
und es hilft nicht beim Steuernzahlen,
doch gilt, was auf Erfahrung ruht:
Wer sozial ist, hat es gut.

***

Und nun also das Original von Wilhelm Busch, wobei der Tagi wohl den Titel und die Schreibung modernisiert hat – ich zitiere die Tagi-Version. Eine Websuche fördert das Gedicht, u.a. bei Wikisource, unter dem Titel «Der Einsame» zu Tage.

Wer einsam ist

Wer einsam ist, der hat es gut,
weil keiner da, der ihm was tut.
Ihn stört in seinem Lustrevier
kein Tier, kein Mensch und kein Klavier,
und niemand gibt ihm weise Lehren,
die gut gemeint und bös zu hören.
Der Welt entronnen, geht er still
in Filzpantoffeln, wann er will.
Sogar im Schlafrock wandelt er
bequem den ganzen Tag umher.
Er kennt kein weibliches Verbot,
drum raucht und dampft er wie ein Schlot.
Geschützt vor fremden Späherblicken,
kann er sich selbst die Hose flicken.
Liebt er Musik, so darf er flöten,
um angenehm die Zeit zu töten,
und laut und kräftig darf er prusten,
und ohne Rücksicht darf er husten,
und allgemach vergißt man seiner.
Nur allerhöchstens fragt mal einer:
Was, lebt er noch? Ei, Schwerenot,
ich dachte längst, er wäre tot.
Kurz, abgesehn vom Steuerzahlen,
lässt sich das Glück nicht schöner malen.
Worauf denn auch der Satz beruht:
Wer einsam ist, der hat es gut.

***

Der Tages-Anzeiger macht das mit den Gedichten übrigens in letzter Zeit regelmässig. Und auch wenn das vielleicht nur ein Trick ist, guten Content gratis zu bekommen, weil das Copyright schon abgelaufen ist – irgendwie gefällt mir das.

Social-Media-Trends 2011 konkret und kurz

In einem sehr interessanten Artikel hat der deutsche Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. zehn Thesen zur nahen Zukunft von Social Media kurz und konkret zusammengestellt. Hier eine Zusammenfassung, ergänzt mit eigenen Bemerkungen und Fragen.

«Social Media wird in Unternehmensorganisationen integriert»

Social Media hält in Unternehmen Einzug, ob sie es wollen oder nicht. Ob jene, die es wollen, es auch gut organisieren?

«Employer Branding 2.0»

Das Image als Arbeitgeber wird mitgeprägt durch die mitteilsamsten Angestellten, dazu Ex-Angestellte, Geschäftspartner, Nachbarn, … Nur in wenigen Fällen hat deswegen die Stellenanzeige ausgedient. Und ob sich wirklich Geld sparen lässt, wenn man darauf verzichtet?

«Die Produktentwicklung wird sozialisiert»

Anwender-Rückmeldungen sind wichtig für die Verbesserung von Produkten. Und viel Feedback ist besser als wenig. Aber ist viel und schnell wirklich besser als wenig und profund?

«CRM wird nicht mehr sein, was es war»

Menschen ernst nehmen und mit ihnen auf Augenhöhe kommunizieren, war schon bisher wichtig. Nun kommt noch das Monitoring dazu. CRM-Systeme könnten helfen – aber wann und wie?

«Unternehmen aus der zweiten Reihe springen auf»

Social-Media-Budgets in kleinen und mittelgrossen Unternehmen – gibt es das? Ist es nicht eher so, dass Mitarbeitende Zeit abzweigen, ohne zu fragen? Oder in der Freizeit weiter für das Unternehmen und sich selbst Social Branding betreiben?

«Social Media ist mehr als Facebook»

Neue Online-Spielwiesen und Apps entstehen laufend. Doch was wird Bestand haben? Wo lohnen sich Investitionen? Neben Blogs wette ich auf individualisierte Newsströme wie Flipboard für iPad und paper.li für das Web, wobei die attraktive Aufbereitung durch den Aggregator immer wichtiger wird.

«„Social Intelligence“ wird zum Erfolgsfaktor»

Monitoring optimieren und neu gewonnenes Wissen sinnvoll nutzen sind echte Herausforderungen für Unternehmen. Das versucht wohl auch der BVDW auszudrücken, wenn er von der «adaptiven Aussteuerung der Kommunikation» schwadroniert. Oder bin ich der einzige, der das nicht versteht?

«Die ROI Diskussion geht weiter»

Welche Resultate erzielen wir via Social Media? Und wie sind sie zu bewerten? Noch eine Kommunikationsdisziplin, die Rätsel aufgibt und Anlass zu Diskussionen. Mit Statistik lässt sich ja bekanntlich alles beweisen.

«Neue Berufsbilder entstehen»

Sind Social Media Worker die neuen Sozialarbeiter? Wird der Community Manager zum hoch dotierten Spezialisten mit exorbitantem Bonus? – Neue Fähigkeiten sind nicht unbedingt gefragt, aber alte neu einzusetzen: Sprachkompetenz, einschliesslich die Kunst, sich kurz zu fassen; Empathie, Zeitmanagement, permanentes Lernen und Offenheit für Neues. Und Fleiss, denn Stellenbeschriebe und Reglemente sind zu revidieren en masse.

«Das Ende der Kampagne, wie wir sie kannten»

Mediamarkt-Zeitungsbeilagen und TV-Werbung beweisen, dass die penetrante Kampagne nach wie vor ihre Berechtigung hat. Es gibt immer noch Leute, die eine Botschaft glauben, wenn man sie nur oft genug wiederholt. Auch wenn es kein Followee* ist, der sie von sich gibt.

* Ein Followee ist eine Person, der du auf Twitter folgst, weil du ihre Mitteilungen interessant  findest. Du kannst @PaperlApp auf Twitter folgen, dann ist @PaperlApp dein Followee.

Und hier noch der ursprüngliche Tweet im Wortlaut:
Social-Media-Trends konkret und kurz: RT @INM BVDW: 10 Thesen zur Zukunft von Social Media in 2011 http://fb.me/vleSvxcy (via @bondybeach)