Richtig oder verkehrt?

Unterführung Bahnhof Bern – Pfeilbemalung auf Boden und Decke

Manchmal gehe ich gegen die Pfeilrichtung durch den Berner Bahnhof. – Nicht, weil ich Zürcher bin, sondern weil es aufgrund der Menschenströme sinnvoll ist. Grundsätzlich versuche ich, mich unterwegs so zu verhalten, dass alle möglichst angenehm reisen können.

Das gilt leider nicht für alle Passagiere unserer Bundes- und Regionalbahnen. Was ich beispielsweise nicht mache:

  • Füsse auf dem Sitz vis-à-vis lagern, mit oder ohne Schuhe.
  • Kinofilme auf dem Tablet schauen.
  • Game-Getöse, Musik oder Klingeltöne durch den Wagon schallen lassen.
  • Fingernägel feilen, lackieren oder kauen.
  • Haare frisieren, schminken, parfümieren.
  • Nachrichten mit vernehmbarem Tastenklick ins Smartphone hacken. (Gut ich tippe auf dem Laptop auch nicht lautlos.)
  • Am Telefon mit dem Lebenspartner streiten oder Freunde in Liebensdingen coachen.
  • Zeitungen mit halbfertigen Rätseln liegen lassen. (Ich löse lieber Programmier-Rätsel.)
  • Auf dem Weg zum Autosalon ein paar Bierchen kippen. (Gut, besser man macht das im Zug als im Auto.)
  • Jassen.

Verhalte ich mich richtig oder verkehrt? Bin ich zu angepasst oder zu bünzlig? Falls Sie mich im Zug antreffen, sagen Sie es mir ruhig – ich habe auch schon mit Fremden spontan ein Dosenbier genossen …

Thomas Elmiger
Berater Internet

Original erschienen auf Papier als Kolumne «Blickpunkte» in Die Marginalie 1/2017, Hauszeitschrift der Stämpfli Gruppe Bern, www.staempfli.com

Online-Werbung: SEA und Video werden auch 2016 stark wachsen

Von geschätzt rund 850 Millionen Werbefranken, die 2014 in den Schweizer Online-Markt flossen, macht die Suchmaschinenwerbung (SEA) über einen Drittel aus. Das stärkste Wachstum konnte die Bewegtbild-Werbung verzeichnen, ihr Marktanteil wuchs 2014 von 4 auf rund 6 Prozent. Bevor die Werte für 2015 erscheinen, hier ein kurzer Rück- und Ausblick.

Die ältesten Zahlen in meinem Buch Online-Marketing betreffen die Umsatzentwicklung nach Werbeformaten. Die Quelle dafür sind Expertenschätzungen und Hochrechnungen, die regelmässig von Media Focus veröffentlicht werden. Nachdem die Zahlen im Buch das Jahr 2013 beleuchten und bevor im März die Zahlen für 2015 erhältlich sein werden, habe ich die Entwicklung über zwei Jahre etwas analysiert. Zwei klare Gewinner sind zu erkennen: Suchmaschinenanzeigen (SEA) und Videowerbung, die zur Displaywerbung zählt. Beide Sparten legten 2013 und 2014 jeweils stark zu.

Online-Werbeformate Schweiz, Vergleich 2013/2014

Online-Verzeichnisse sind seit 2012 ausgewiesen und stagnierten im ersten Jahr, sie hatten somit einen Rückstand aufzuholen. Der kleinste Bereich, Affiliate-Marketing, wuchs deutlich weniger als auch schon und lag nahe am Gesamtmarkt-Wachstum von 14 %. Die Grafik für 2013 ist am Ende dieses Beitrags zu finden. Quelle für beide: Media Focus Semester Report Online 2014 (PDF)

Warum wird Werbung in Suchmaschinen 2016 noch wichtiger?

Das Segment SEA (Search Engine Advertising) hat in der Schweiz von 2011 bis 2014 ein rasantes Wachstum verzeichnet: um 27 %, dann 33 %, 19 % und 2014 immer noch um 17 % – im Jahr 2014 allein von 250 auf 292 Millionen Schweizer Franken. Hier sechs gewichtige Argumente, warum es mit der Suchmaschinenwerbung (das ist in der Schweiz vor allem Google-Werbung) weiter aufwärts gehen wird:

  • Die Anzahl verfügbarer Kommunikationskanäle nimmt weiter zu, die Wirksamkeit einzelner Kanäle nimmt aber ab und/oder ist schwieriger messbar als bei SEA.
  • Die Kommunikationsflut nimmt weiter zu, wer nicht auf allen Kanälen ständig präsent sein kann, muss dann gesehen werden, wenn es in die entscheidende Phase der Customer Journey geht.
  • Vor einem Kaufentscheid recherchieren immer mehr Leute online.
  • Google nutzt seine Marktmacht und räumt Werbung immer mehr Platz ein, zulasten nicht bezahlter Suchergebnisse.
  • Immer mehr Unternehmen und Organisationen erkennen das Potenzial von SEA und sind bereit, zu investieren.
  • Zunehmende Komplexität und wachsende Budgets erfordern professionelle Beratung und Betreuung von SEA-Kampagnen. Das bringt auch mehr Erfolg.

Fazit: Wer im Wettbewerb nicht zurückfallen will, ist praktisch gezwungen, in die Präsenz bei Suchmaschinen zu investieren. Da es sich bei den Zahlen von Media Focus um Media-Kosten handelt, sind dort die Agenturkosten nicht einmal berücksichtigt. Die Ausgaben der Unternehmen in Online-Werbung sind darum nochmals um einiges höher, als es die Grafiken hier zeigen.

Warum Unternehmen immer mehr in Videowerbung investieren

Bewegtbildwerbung ist noch relativ jung, wird von Media Focus seit 2012 separat erfasst, und verzeichnet ein rasantes Wachstum um 56 % im Jahr 2013 und nochmals 62 % im Folgejahr. Mittlerweile liegt das Jahresvolumen der Video-Anzeigen bei über 50 Mio. Franken. Gründe für den Erfolg:

  • Für die klassische Bannerwerbung, werden die Zeiten härter. Beliebt war sie nie, darum breiten sich auch Werbeblocker immer mehr aus.
  • Das Bedürfnis, die Privatsphäre zu schützen, Tracking und «Spionage» zu verhindern, nimmt zu, die Wirkung der klassischen Displaywerbung nimmt damit ab.
  • Video ist heute – abgesehen von Games – die emotionalste und unterhaltendste Werbeform.
  • Video funktioniert fast ohne Text und auch in Fremdsprachen.
  • Gute Ideen und relevante Inhalte wirken auch ohne professionelles Team und teure Infrastruktur, die Herstellung von Videos wird immer einfacher.
  • Video-Plattformen wie YouTube, aber auch Online-TV, werden immer beliebter.

Fazit: Bewegtbild wird sich dank zunehmender Akzeptanz und sinkender Produktionskosten weiter ausbreiten und von immer mehr Werbetreibenden eingesetzt werden. Für bezahlte Werbung, aber auch für Support, Ausbildung und Public Relations.

Neue Zahlen für 2015

Für 2015 hatten die Media-Focus-Experten ein Wachstum von 20 % für die Suchmaschinenwerbung prognostiziert, beim Bewegtbild tippten sie auf plus 15 %, während der gesamte Online-Werbemarkt um weitere 10 % wachsen sollte. Im Semesterbericht von Mitte 2015 (PDF) wurden die Werte angehoben auf plus 24 bzw. 17 %, für den Gesamtmarkt auf 11 %. Ob die Experten ihre Erwartungen bestätigt sehen, wird der nächste Online-Report zeigen, der Anfang März 2016 zu erwarten ist. Interessant wäre noch, ob es die Social-Media-Werbung demnächst als eigenständige Disziplin in die Media-Focus-Reports schafft.

Der Vollständigkeit halber nun noch die Grafik mit den älteren Zahlen aus dem Buch, die meine Leser auch selbst hätten erstellen können – in der Grundaussage stimmt sie mit den neueren Zahlen oben überein. Auch 2016 wird uns diesbezüglich keine grossen Überraschungen bringen, sondern die Trends bestätigen.
Allen, die bis hier gelesen haben, viel Erfolg im noch jungen Jahr!

Online-Werbeformate Schweiz, Vergleich 2012/2013

Das Gesamtbild für die Jahre 2012/2013 unterscheidet sich nicht wesentlich vom Vergleich der nachfolgenden Periode weiter oben, wenn man davon absieht,, dass Affiliate-Werbung 2013 noch überdurchschnittlich gewachsen ist.

HTML5 feiert Geburtstag – Zeit, es richtig zu lernen

Am 28. Oktober 2014 stellte das World Wide Web Consortium (W3C) offiziell den neuen Standard für Webseiten vor: HTML5 in der endgültigen Fassung. Wo es ein Jahr danach noch Parallelen zu Baustellen gibt und was ich in drei Wochen MOOC* gelernt habe, steht in diesem Artikel.

Als Berater für Internetprojekte und Online-Marketing schreibe ich keinen Code, sondern Konzepte für Websites und deren Optimierung, trotzdem – oder gerade deswegen – fand ich es an der Zeit, mich mit HTML5 einmal vertieft auseinanderzusetzen. Als passend für mein Vorhaben erwies sich ein Massive Open Online Course oder MOOC des W3C auf edX, bei dem ich etwas nach der Halbzeit sagen kann: Ich habe viel gelernt.

Pfeile mit Schatten

HTML5 kann zeichnen: Meine Übung aus dem Kurs malt Pfeile mit Schatten als Pixelgrafik.

Ist HTML5 wirkliche erst ein Jahr alt?

Viele Elemente von HTML5 bewähren sich schon deutlich länger in produktiven Webprojekten, obwohl der Standard offiziell nur als Entwurf vorlag. Die Browserhersteller hatten basierend auf den Entwürfen Neuerungen in ihre Produkte integriert, allerdings nicht immer einheitlich.

Demo-Video-Player

Videos steuern mit HTML5: Übung mit externen Knöpfen für Funktionen, die in Browsern fehlen.

HTML5 ist in den Browsern angekommen

Heute darf man sagen, dass die Browserhersteller deutliche Fortschritte bei der Umsetzung von HTML5 erzielt haben. So ist es beispielsweise möglich, Videos im Format mp4 in allen aktuellen Browserversionen abzuspielen, mit Ausnahme von Opera Mini. Bei fortgeschrittenen Funktionen bestehen aber durchaus noch Unterschiede. Beispielsweise bietet Firefox in der integrierten Videosteuerung keine Möglichkeit zum Einblenden und Ausblenden von Untertiteln und stellt auch nicht alle Effektfilter dar, während Chrome beides kann. Wer Lust hat, kann meinem Demo-Video-Player gerne ausprobieren oder im Detail bei caniuse.com nachschlagen, welcher Browser was unterstützt.
Auch sehr erfreulich ist die Geschwindigkeit, mit der HTML5-Grafikeffekte heute laufen, was dem Umstand zu verdanken ist, dass die Browser auf die Hardwarebeschleunigung der Computer zurückgreifen.

HTML5 bleibt eine Baustelle – zum Beispiel fürs Layouten

Obiges Videobeispiel ist in ein Layout vom Typ Flex eingebaut, das mir zeigte, wie weit wir noch von der Wunschvorstellung entfernt sind, Webseiten mit reinem HTML5 erstellen zu können. Damit das nur schon einigermassen funktioniert, sind für die meisten Browser noch so genannte Vendor-Prefixes erforderlich: sozusagen eine eigene Anweisung für jeden einzelnen Browser. Das ist, wie wenn man in der Wohnung für jedes elektrische Gerät einen anderen Steckdosentyp montieren müsste.

Die neuen Strukturelemente wie <main>, <aside>, <article> und <section> funktionieren zwar problemlos, in einigen Fällen ist es aber noch diskutabel, wie sie angewendet werden können, um Verständlichkeit, Maschinenlesbarkeit oder Accessibility zu optimieren.

Workarounds für Löcher und veraltete Installationen

Zwei Typen von Hilfsprogrammen bieten sich an, die Arbeit von Webentwicklern zu erleichtern:

  • Prefixer kennen die individuellen Befehle für jeden Browser und ergänzen diese automatisch.
  • Polyfills ermöglichen, moderne Funktionen auf alten Browsern auszuführen, indem sie diese mit alten Mitteln besmöglich nachbauen.

Wie der Titel schon sagt, handelt es sich dabei um Umgehungslösungen (Workarounds) für bekannte Probleme. Das ist, wie wenn der Lüftungsspezialist in seine Leitung einen Bogen einbauen muss, weil die Heizungsrohre nicht nach Plan installiert wurden: nicht effizient. Es bremst sowohl die Umsetzung des Webdesigns durch Spezialisten als auch den Seitenaufbeu am Bildschirm, weil es Ressourcen frisst: Entwicklerzeit, Testzeit, Bandbreite, Rechenzeit.

Fazit: Happy Birthday, HTML5!

Ich freue mich auf die beiden letzten Wochen im Kurs, in denen ich sicher nochmals viel lernen werde. Ich freue mich über die Fortschritte, welche die Umsetzung von HTML5 macht. Und ich freue mich, dass ich nun Verständnis basierend auf Verstehen aufbringen kann, wenn Entwickler aus Ressourcengründen weiterhin auf das eine oder andere Feature des neuen Standards lieber verzichten.

Vor allem aber: Ich freue mich auf innovative Projekte, bei denen ich mit Kunden und mit Webentwicklern über neue Anwendungsmöglichkeiten von HTML5 fachsimpeln kann. – Wie das bei der Einführung neuer Standards so ist: es geht alles viel zu langsam. Aber insgesamt bin ich nach dem zweiten Blick mit HTML5 doch ganz happy.

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MOOC: Massive Open Online Course
Online-Bildungsangebote, die öffentlich und kostenlos angeboten werden und darum «massiven» Zuspruch aus aller Welt erhalten.